Ich wurde 1964 in München geboren. Für mich zogen meine Eltern von München-Haidhausen nach Lohhof.1
Ich mochte nicht in den Kindergarten gehen, musste dann aber in die Grundschule und schaffte es aufs Gymnasium, welches glücklicherweise in Garching war. In Garching gefiel es mir besser als in Lohhof.
Ich bin ein Kind der 80er Jahre. Anfang der 80er entdeckte ich in der Münchner Adalbert-14-Buchhandlung den Anarchismus für mich. Besonders Pjotr Alexejewitsch Kropotkin2 hatte es mir angetan und sein Werk "Gegenseitige Hilfe in der Tier- und Menschenwelt"3 4 ist bis heute eine Grundlage meines Menschenbildes.
Mit etwas Verspätung kam 1980 Punk auch nach Lohhof. Zwar hatte Thomas Gottschalk schon 1977 eine Sondersendung in Pop nach 8 dazu gemacht, aber da wurde ich noch von meinem Bruder überzeugt, dass das keine Musik sei. So hörte ich noch ein paar Jahre Sailor und die Wombles, bis 1980 mit Stiff Little Fingers "Nobody's Heroes" und The Clash's "London Calling" die ersten Punk-Alben mein Leben veränderten. Joe Strummer5 wurde zu einer großen Inspirationsquelle. Joe Strummer wird das Zitat zugeschrieben "Thinking is what gets me out of bed in the mornings." The Clash waren die Band, die früh erkannte, dass es mit Punk nicht nur darum ging, das verkrustete Rock-Establishment anzugreifen, sondern etwas Neues zu erschaffen. Die Grundlage war, wenn du es machen willst, tu es.
Über den Punk kam ich mit dem Dadaismus in Berührung. Wie im Punk, ging es beim Dadaismus anfangs auch vor allem und das niederreißen der etablierten Kunstformen, was ja immer auch schnell langweilig wird. Dies begründete meine Begeisterung für Kurt Schwitters6 . Was mich an Schwitters bis heute begeistert, ist sein Ansatz, dass Kunst aus der Wertung entsteht. Was für eine Befreiung! Er schrieb: "Was das verwendete Material vor seiner Verwendung im Kunstwerk bedeutet hat, ist gleichgültig, wenn es nur im Kunstwerk seine Bedeutung durch Wertung empfangen hat. ... Sie verlieren durch Wertung gegeneinander ihren individuellen Charakter, ihr Eigengift, werden entmaterialisiert und sind Material für das Bild."7 "Es ist im Kunstwerk nur wichtig, daß sich alle Teile aufeinander beziehen, gegeneinander gewertet sind."
So schrieb ich meine Facharbeit zu Schwitters und versuchte darin zu beweisen, dass Kurt Schwitters kein Dadaist war, sondern das Gegenteil, da er eine eigene Kunstform erschuf.8
Vom Ende meiner Schulzeit wurde ich vollkommen überrascht. Aber ich hatte nun Abitur.
Nach der Schule wäre ich gerne auf die Kunstakademie gegangen, was aber außer mir, niemanden wirklich interessierte. Alternativen, die diesen Traum mit einer soliden beruflichen Ausbildung verbänden, wurden als meinem Auszug aus der elterlichen gemieteten Doppelhaushälfte hinderlich, von den Eltern abgelehnt. Also zog ich aus und ging nach München.
Hier machte ich eine kaufmännische Ausbildung und später meinen Aushilfsjob zum Hauptberuf. Aus dem Hauptberuf wurde eine Firmenbeteiligung. Die Vorhersage, dass eine Firmengründung zu einem Verlust der Freunde führe, bewahrheitete sich nicht, stattdessen heiratete ich meine beste Freundin nach 15 jähriger Probe.
Meine Liebe zu Regeln konnte ich auch in der Firma gut gebrauchen. Manche waren nicht immer genauso begeistert.
Nun war ich Nebenerwerbskünstler. Wobei hier von Erwerb gar keine Rede sein konnte.
Während meiner gesamten beruflichen Laufbahn war ich immer auch künstlerisch tätig, meist im Kopf. Ich weigerte mich stets, diese Tätigkeit als Hobby zu bezeichnen.
Im Sommer 2013 besuchte ich im Münchner Haus der Kunst die Ausstellung "Mel Bochner: Wenn sich die Farbe ändert"9 . Hier wurde die erste Ausstellung von Konzeptkunst "Working Drawings and Other Visible Things on Paper Not Necessarily Meant to Be Viewed as Art"10 von 1966 in New York nachgestellt. Ich war glücklich und verstand erstmals, was mein Gehirn immer erdachte: Konzeptkunst.
Nun begann ich wieder absichtlicher Kunst zu machen.
Die mangelnde Begeisterung mancher führte schlussendlich zur Befreiung vom Beruf. Man kann auch unfreiwillig frei werden.
Ich werde dran bleiben.
Mein Traum:
Stefan Kumpfmüller » this page in english
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